Eppinger „Doppelschlag“ in Trier trotz einiger Ausfälle

Zunächst schien es, als würde sich die Pechsträhne des in der letzten Saison vom Erfolg verwöhnten SC Eppingen am Wochenende in Trier fortsetzen. Teamchef Hans Dekan konnte aus familiären Gründen den Weg in die alte Römerstadt nicht antreten und in dem von ihm noch zusammengestellten Aufgebot fehlten einige Leistungsträger wegen anderweitiger Verpflichtungen. Gegen die schwächer eingeschätzten Berliner Mannschaften wollte man wegen der Absicherung nach unten unbedingt punkten. Das aktuelle Team mit einem ELO – Schnitt von 2.534 (immerhin 6 Großmeister und 2 Frauengroßmeisterinnen mit allgemeinem IM-Titel) sollte das eigentlich auch gewährleisten. Die notwendigen Fahrdienste konnten mit einiger Mühe organisiert werden und Vorstand Rudolf Eyer übernahm die Aufgabe des Teamchefs.
Auch die Hauptstädter hatten Aufstellungsprobleme. Insbesondere die SF Berlin 1903 musste einige Ausfälle kompensieren. Am Samstag ging es zunächst gegen Neuling SK König Tegel, der nur in der Anfangsphase mithalten konnte. Danach bauten die Eppinger die rasche 1:0-Führung durch Falko Bindrich kontinuierlich zum klaren 6:2-Erfolg aus, ohne auch nur in einer einzigen Partie in Verlustgefahr zu geraten. So lag man noch deutlich über der ELO -Prognose von 5,42:2,58.
Die Einzelergebnisse (Eppingen zuerst genannt): GM Berkes – GM Rabiega 1:0, GM Gyimesi – IM Stern 1:0, GM Braun – GM Muse remis, GM Bindrich – IM von Herman 1:0, GM Medvegy – FM Frübing remis, IM/WGM Muzychuk – FM Sarbok remis, IM/WGM Pähtz – FM Breier 1:0, GM Vogt – Kachibadze remis. Endergebnis 6:2!
Am Sonntagmorgen wurde es gegen die SF Berlin 1903 (früher Neukölln) wesentlich enger.
Zwar führten die Eppinger auch dieses Mal durch einen Sieg von Arik Braun nach nur 19 Zügen in einer turbulenten Partie mit 1:0. Dann ging es Schlag auf Schlag und dabei gab es auch einige im Vorfeld nicht eingeplante Partieverluste für die Eppinger. Wann je zuvor hatten Zoltán Gyimesi und Schwager Zoltán Medvegy gleichzeitig eine Partie verloren? Aber da waren ja noch die an diesem Wochenende überragenden Ferenc Berkes und Falko Bindrich (jeweils 2 aus 2) und die neue –gleich doppelte – SCE- „Frauenpower“. Anna Muzychuk überspielte ihren überforderten Gegner völlig und zog ihn sehenswert ins Mattnetz und Elisabeth Pähtz sicherte mit ihrem Remis den 4,5:3,5-Mannschaftssieg. Beide Damen erspielten an diesem Wochenende 1,5 Punkte. Die Einzelergebnisse (Eppingen zuerst genannt): GM Berkes – IM Lauber 1:0, GM Gyimesi – GM Polzin 0:1, GM Braun – IM Schneider 1:0, GM Bindrich – IM Agopov 1:0, GM Medvegy – IM Thiede 0:1, IM/WGM Muzychuk – FM Degtiarev 1:0, IM/WGM Pähtz – FM Dr. Wintzer remis, GM Vogt – Abel 0:1. Endergebnis 4,5:3,5; die Prognose hatte Eppingen mit 5,04:2,96 im Vorteil gesehen!
Die Gastgeber und Eppinger Reisepartner der SG Trier landeten auf dem Wege zum Klassenerhalt ebenfalls einen Doppelschlag an eigenen Brettern.
Aus der Sicht der deutschen Schachfreunde war Trier an diesem Wochenende nur ein Nebenkriegsschauplatz. Die meisten blickten nach Heidelberg, wo mit der Begegnung OSG Baden-Baden gegen SV Werder Bremen der „Kampf der Giganten“ stattfand.Dieses Duell hatte schon im Vorjahr beim 4:4 in der Eppinger Hardwaldhalle alle Blicke auf sich gerichtet und war bis auf diesen Samstag mit 2.703:2.668 das elointensivste Match der Bundesligageschichte gewesen. Nun toppten die beiden Vereine diese Marke noch mit 2.720:2.692. Im Team der Badestädter saß zum ersten Mal in dieser Saison der indische Weltmeister Anand und die Hanseaten hatten mit Gashimov und Mamedyarov zwei Topleute aus der Mannschaft des neuen Europameisters Aserbeidschan aufgeboten. Ein knapper Sieg der Mittelbadener war prognostiziert. Aber nach sechs die Fans eher enttäuschenden Remisen vor der Zeitkontrolle gewannen die Norddeutschen die Schlüsselpartien an Brett 6 und 7 und sorgten so mit ihrem 5:3-Sieg für eine große Überraschung, die das Meisterschaftsrennen wieder offen macht. Baden-Baden, Solingen und Bremen liegen nun punktgleich an der Spitze und es gibt möglicherweise am Ende der Saison einen Stichkampf, weil um den deutschen Titel bei Gleichstand der Mannschaftspunkte die Brettpunkte außer Ansatz bleiben.
Der SC Eppingen belegt seit diesem Wochenende wieder Platz 9 und entspricht damit seinem Minimalziel „einstelliger Tabellenplatz“. Vielleicht gelingt in München (20.-21.03.2010) gegen die Abstiegskandidaten Bayern München und Erfurter SK eine weitere Verbesserung. Die Plätze 1 bis 4 –in welcher Reihenfolge auch immer – scheinen vergeben.
Die hohen Erwartungen, die die Vorsaison genährt hatte, haben sich nicht erfüllt. Der Spielplan, der den Eppingern zuerst die starken Gegner und erst danach die „leichte Kost“ bescherte, nahm dem Team doch den Schwung, der es in der Vorsaison beflügelt hatte.

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