Zum Bundesligaauftakt „ohne drei“: Sieg und Niederlage für den SC Eppingen
Mit gemischten Gefühlen sahen die Kraichgaustädter dem Saisonauftakt am vergangenen Wochenende in Baden-Baden entgegen, mussten sie doch ohne ihre drei Spitzenspieler in die Bäderstadt reisen. Am Samstag hieß der Gegner SC Remagen. Die Rheinland-Pfälzer sind so etwas wie die Wundertüte der Liga, denn man weiß nie, wie stark sie antreten. In Bestbesetzung hätten sie das Match vermutlich locker gewonnen. Aber auch sie mussten offenbar auf einige Leistungsträger verzichten. Die Mannschaftsaufstellungen der ersten Runde waren seit Donnerstagabend bekannt – eine Besonderheit im Bundesligaalltag: Der amtierende deutsche Meister, OSG Baden-Baden, und die Eppinger als Reisepartner der Mittelbadener haben sich auf freiwilliger Basis bereit erklärt, ihre Aufstellungen vorzeitig (am Donnerstagabend vor den Kämpfen) bekannt zu geben, wenn ihre jeweiligen Gegner dies ebenfalls machen. Deshalb galt seit der Veröffentlichung der Teams der SC Eppingen von der Papierform her in der Begegnung gegen die Rheinländer als leicht favorisiert. Wenn man den Spielverlauf näher betrachtet, dann könnte man fast meinen, dass Teamchef Hans Dekan die Parole ausgegeben hatte: Mit Schwarz remisieren, mit Weiß gewinnen. So bremste Evgeny Postny am Spitzenbrett mit den schwarzen Steinen den ELO-höheren Franzosen Gharamian aus und erzwang die angestrebte Punkteteilung. Zoltan Gyimesi erstürmte an Brett 2 mit Weiß die Stellung seines wertungshöheren rumänischen Kontrahenten mit einem schönen Angriff. Arik Braun schlug am vierten Brett – ebenfalls mit den weißen Steinen – den Belgier Dgebuadze. Robert Ruck sicherte sich als Nachziehender an Brett 5 ein Remis gegen Benjamin Bok, der aktuell als größtes holländisches Talent gilt und mit 2453 für einen Vierzehnjährigen eine beachtliche ELO-Zahl aufweist. Namig Guliyev konnte seinen Materialvorteil wegen Dauerschachs leider nicht nutzen. Und Zoltan Medvegy steuerte als Schwarzer ebenfalls einen halben Zähler zu der Eppinger zwischenzeitlichen 4 : 2 Führung bei. Falko Bindrich wehrte sich in einem zähen Doppelturm-Endspiel am dritten Brett lange gegen den favorisierten Franzosen Degraeve, musste sich aber nach 70 Zügen geschlagen geben. So blieb es einmal mehr der derzeit besten deutschen Schachspielerin, Elisabeth Pähtz, vorbehalten, mit einem sicheren Remis den knappen Eppinger 4, 5 : 3,5 Erfolg gegen die Rheinländer sicherzustellen.
Am Sonntag wartete das Team aus Solingen auf die Eppinger Vertretung. Dabei war die Rollenverteilung in diesem Match von Beginn an ganz klar, denn die Nordrhein-Westfalen traten mit acht Großmeistern an und wiesen an den meisten Brettern im Vergleich zu ihren Eppinger Kontrahenten deutliche ELO-Vorteile auf. Trotzdem wollten die Fachwerkstädter dagegen halten, lagen aber nach vier Stunden mit 2,5 zu 1,5 Punkten zurück: Arik Braun unterschätzte den Angriff seines Gegners Markus Ragger und musste aufgeben. Zoltan Gyimesi einigte sich als Nachziehender mit dem Holländer Jan Werle ebenso auf remis wie Falko Bindrich (gegen Nicolic) und Namig Guliyev (gegen Jussupow). Nach Evgeny Postnys Niederlage gegen den Inder Sandipan und dem verdienten Remis von Elisabeth Pähtz (gegen Naumann) lautete das Zwischenergebnis 4 : 2 für Solingen. Die beiden noch laufenden Partien an den Brettern 5 und 7 standen zu diesem Zeitpunkt ausgeglichen, aber Robert Ruck und Zoltan Medvegy kämpften in ihren Endspielen verbissen. Sollte am Ende doch noch ein Mannschaftsremis und damit ein überraschender Punktgewinn für Eppingen dabei herauskommen? Medvegy feierte an diesem Tag übrigens ein in der Bundesliga eher seltenes Jubiläum: Er absolvierte sein 100. Match für den SC Eppingen. Die beiden Ungarn behandelten ihre Endspiele vorbildlich und sicherten sich sukzessive kleine Vorteile. Trotzdem musste Medvegy das Remisangebot seines Gegners letztlich Zähneknirschend akzeptieren. Robert Ruck rang in einem Turmendspiel seinen französischen Gegner sogar noch nieder und sorgte damit für den Ehrenpunkt. Damit endete die Begegnung gegen Solingen mit einer knappen 3,5 : 4,5 Niederlage. In der nach zwei Spielen noch nicht aussagekräftigen Tabelle rangieren die Eppinger in der Tabelle nunmehr auf einem Mittelplatz. Fazit: Auch ohne die drei etatmäßigen Spitzenspieler bot das Eppinger Team eine ansprechende Leistung, auf der man aufbauen kann. Am Wochenende 12. – 14. November hält der Bundesligazug zum ersten Mal in dieser Saison in Eppingen. Freitags steigt das aus Runde 7 vorgezogene Schlagerspiel gegen den amtierenden Deutschen Meister, die OSG Baden-Baden. Samstags trifft Eppingen auf Emsdetten und sonntags steht die Begegnung gegen Wattenscheid an. Ob Baden-Baden im Kraichgau mit dem indischen Weltmeister Viswanathan Anand (ELO 2800) und / oder dem derzeitigen Besten der ELO-Rangliste, dem jungen Norweger Magnus Carlsen (ELO 2816) antritt, werden alle Interessierten im Vorfeld der Begegnung rechtzeitig erfahren. Auf jeden Fall sollte man sich dieses Wochenende freihalten, wenn die absolute Weltspitze in Eppingen zu Gast sein wird.