Der SC Eppingen „überwintert“ auf Platz drei der Bundesliga

Weltklasse-Flair in der Hardwaldhalle dank Magnus Carlsen und Alexei Shirov

Der große Schachevent in der Eppinger Hardwaldhalle erfüllte alle Erwartungen. Weltmeister Viswanathan Anand weilt zwar derzeit noch in seiner indischen Heimat und erholt sich von den Strapazen der erfolgreichen Titelverteidigung gegen Vladimir Kramnik, aber dafür hatte die OSG Baden-Baden den 18-jährigen Norweger Magnus Carlsen aufgeboten, den aktuellen Dritten der Weltrangliste und mit Alexei Shirov saß ein weiterer 2700-er an den Brettern in der Eppinger Hardwaldhalle. 8 Großmeister hatte Baden-Badens Teamchef Sven Noppes eingesetzt. Das ist nicht neu, denn alle 16 Kaderspieler des deutschen Meisters tragen den höchsten Titel des Weltschachbundes. Neu war, dass Gastgeber SC Eppingen mitzog: zum ersten Mal saßen 8 Großmeister an den Brettern des SCE. Mit einem ELO-Schnitt von 2.581 dokumentierten die Eppinger, dass sie längst keine „graue Maus“ in der deutschen Eliteliga mehr sind, sondern zu den führenden Mannschaften gehören.
Am Samstag ging es stilgerecht los. Vorsitzender Rudolf Eyer begrüßte die Gäste aus Baden-Baden, Berlin und Dresden und nahm in der knapp bemessenen Zeit zwei Ehrungen vor: Spitzenspieler Sergei Tiviakov für den Gewinn der europäischen Einzelmeisterschaft und Arik Braun für die Bronzemedaille bei der Junioren-Weltmeisterschaft und die Ernennung zum Großmeister. Beide bekamen viel Beifall.
Das Programm sah zunächst die Begegnungen Eppingen gegen Kreuzberg Berlin und Baden-Baden gegen Dresden vor. Während die Badestädter mit dem Tabellenletzten aus Dresden beim 7,5:0,5 kurzen Prozess machten, musste sich Eppingen gegen die Berliner erheblich mehr anstrengen. Schon früh zeichneten sich Vorteile der Gastgeber ab, die als ELO-Favorit (5,12:2,88) in das Match gegangen waren. Nur Jungstar Arik Braun, der gegen den mehrfachen deutschen Meister Thomas Luther schlecht aus der Eröffnung gekommen war, bereitete Teamchef Hans Dekan Sorgen. Aber die mittleren Bretter der Fachwerkstädter rissen den Kampf aus dem Feuer. Nach einem 4:2 zur Zeitkontrolle gab es schließlich einen hohen 6:2-Erfolg und den Platztausch mit den Berlinern in der Tabelle. Die Einzelergebnisse (Eppingen zuerst genannt): GM Tiviakov – GM Socko remis, GM Braun – GM Luther 0:1, GM Berkes – GM Shengelia 1:0, GM Balogh – FM Figura 1:0, GM Bindrich – Schilow 1:0, GM Acs – GM Kalinitschew 1:0, GM Medvegy – FM Berger remis, GM Guliyev – Dr. Schmidt-Schäffer 1:0. Endergebnis Eppingen – Kreuzberg: 6:2 für Eppingen!
Am Sonntagmorgen tauschten die badischen Teams dann ihre Gegner und taten sich beide in hoher Favoritenrolle schwerer. Den Eppingern war gegen Schlusslicht Dresden ein ELO- Vorteil von 6,32:1,68 prognostiziert worden. Nach einer sicheren 2,5:0,5-Führung griff Arik Braun daneben und wurde ausgekontert. Es war nicht das Wochenende des jungen Mannes aus Allmersbach. Trotzdem war bei Zeitkontrolle der Eppinger Sieg mit einem 4,5:2,5-Vorsprung in trockenen Tüchern. Eindruckvoll dabei vor allem die filigrane Endspielführung Sergei Tiviakovs in einem Doppelläuferendspiel mit Verwertung minimaler Vorteile. In der Verlängerung erkämpfte Zoltan Medvegy den Sieg und damit das standesgemäße 5,5:2,5 für sein Team. Die Einzelergebnisse (Eppingen zuerst genannt): GM Tiviakov – GM Maiwald 1:0, GM Braun – IM Gauglitz 0:1, GM Berkes – FM Hoffmann 1:0, GM Balogh – FM Eichner remis, GM Bindrich – FM Loxine remis, GM Acs – FM Wegener remis, GM Medvegy – Graf 1:0, GM Guliyev – Salzmann 1:0. Endergebnis Eppingen – Dresden: 5,5:2,5 für Eppingen!
Parallel lieferte Kreuzberg den Baden-Badenern einen mitreißenden Kampf, den die Badestädter nur knapp mit 5:3 für sich entscheiden konnten. Bei Zeitkontrolle hatte der Zwischenstand noch 2:2 gelautet. Alexei Shirov musste ein Dauerschach gegen den stürmisch angreifenden Thomas Luther zulassen und Magnus Carlsen zog gegen den polnischen Spitzenmann Bartosz Socko, der den verhinderten armenischen Olympiasieger Gabriel Sargissian würdig vertrat, sogar den Kürzeren.
Da der Dritte TV Tegernsee am Wochenende gegen Bremen verlor und gegen Emsdetten nur remisierte, steht der SC Eppingen nach der 9. Runde auf einem sensationellen dritten Tabellenplatz, der –so er Bestand haben würde- sogar die Berechtigung zur Teilnahme am Europapokal einschließen würde.
Aber darüber macht man sich in Eppingen derzeit keine Gedanken. Zu dicht ist die „Meute“ den Mannen um Hans Dekan auf den Fersen. Aber es ist schon etwas Besonders, wenn am 31.01.-01.02.2009 in Mülheim/Ruhr die drei deutschen Spitzenmannschaften aufkreuzen werden: Baden-Baden, Mülheim und – Eppingen. Dazu die Essener Vorstädter aus Katernberg. In der Fachwerkstadt freut man sich schon heute auf dieses neue Großereignis.
Und einen Monat später bereits der zweite Event in Eppingen mit Vizemeister SV Werder Bremen und dem stärksten Neuling SK Turm Emsdetten.
Neben dem Schachsport gehörte auch der traditionelle Sponsorenempfang im Foyer zu der glänzend organisierten Veranstaltung. Vorsitzender Rudolf Eyer, der zuvor eifrig den Liveticker für die Homepage „Schachbundesliga“ bediente, verließ kurze Zeit seinen Computer und begrüßte die zahlreichen Gäste. Bürgermeister Eduard Muckle als Vertreter der Stadt Eppingen hob die sportlichen und organisatorischen Leistungen des Schachclubs hervor und signalisierte Stolz und Unterstützung seitens der Stadt Eppingen. Ein besonderer Ehrengast war Eberhard Gienger MdB, seit 2001 direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Neckar-Zaber im Deutschen Bundestag und vielfacher Europa- und Weltmeister im Kunstturnen, der bekannte, noch nie eine Schachveranstaltung dieser Art besucht zu haben und sich beeindruckt zeigte. Er schloss seine Ansprache mit einer Hymne auf das Ehrenamt und das bürgerschaftliche Engagement der Menschen in Deutschland und einem gekonnt vorgetragenen Gedicht.