Der Koloss von Rhodos ist eines der sieben Weltwunder der Antike. Irgendwas hat der Koloss mit Alexander dem Großen, dem Sonnengott Helios und einem Erdbeben zu tun, dem der Koloss zum Opfer fiel. (Er war aus Bronze und so knapp 35 Meter hoch) Ob sein Sturz irgendwie aus Strafe wie im Falle von Sodom und Gomorrha oder so, das weiß man nicht. Auf der beliebten griechischen Urlaubsinsel, die knapp vor der türkischen Küste liegt, weit weg von Griechenland, ich erwähns nur der Tatsächlichkeit halber, findet im Oktober dieses Jahres die 29. Europäische Schachmannschaftsmeisterschaft statt. Qualifiziert sind jeweils die bestplatzierten Teams der Landesverbände, für Deutschland dürfen die vier Erstplatzierten der Bundesliga teilnehmen, vergleichbar mit der Championsleagueregelung im europäischen Profifussball.
Noch nie hat eine deutsche Mannschaft den Titel gewinnen können (von früheren Nichtprofi-Zeiten abgesehen). Die einzigen, die bislang eine Chance gehabt hätten, wären die Baden-Badener gewesen. Aber da muss alles passen und alle Stars müssen am Start sein, sonst ist man chancenlos gegen Mannschaften –vorwiegend aus dem osteuropäischen und insbesondre russischen Raum – , die gespickt sind mit Weltstars des Schachs. Möglich wärs ja vielleicht. Aber man muss zugeben, dass ein solches Unterfangen enorme Kosten verursacht. Für den deutschen Meister, der den Titel durchaus anvisieren könnte – und es auch schon mal ernstlich anstreben wollte – , scheint es in diesem Jahr, von finanziellen Problem abgesehen, schon deshalb obsolet zu sein, weil seine beiden Spitzenspieler, Carlsen und Anand, der Weltranglistenerste und der amtierende Weltmeister, man bedenke – beide sind, Carlsen jedenfalls noch in dieser Saison, für den OSC Baden-Baden spielberechtigt- , im Herbst zur selben Zeit den nächsten Weltmeister ausspielen. Wie es scheint, hat der deutsche Mannschaftsmeister deshalb auf eine Teilnahme im Vorhinein verzichtet. (Jedenfalls liegt bis jetzt keine Anmeldung vor) Realistisch gesehen hätten die Baden-Badeners keine echte Siegchance ohne diese Weltklassespieler.
Wie muss man also aus deutscher Sicht diese Veranstaltung sehen? Ein kurzer Blick auf die Topteams lehrt einen das Fürchten. Da ist der Topfavorit SOCAR. Am Spitzenbrett Caruana, Topalov an Brett 5. Wie? Topalov ist ein hochkarätiger WM-Kandidat. An Brett 5?? Hallo? Also gut. Und wer ist Socar? Im Internet finde ich eine Schweizer Adresse. Ehrlich – nie gehört! Genausowenig wie Topmanschaft 2: Malachite. Wer? Im Internet finde ich wenig Hilfreiches. Aber die gemeldeten Spieler sagen mir einiges. Von Karjakin bis Bologan . Viktor Bologan, hier an Brett sieben gemeldet , ja, echt, an sieben!, spielt für den SC Eppingen in der Schachbundesliga an Brett eins, zwei oder drei. Tatsächlich findet also eine Veranstaltung statt, die zweigeteilt ist. Die eine Hälfte spielt um den europäischen Titel, und zwar mit geballter Spielkraft, und da ist keine deutsche Mannschaft dabei, die andre um die goldene Ananas oder – ums positiver zu sagen- weil Schach einfach Spaß macht.
Die deutschen Vereine – nicht nur sie – haben sich deshalb offenbar entschieden, Amateurteams in die Euroleage zu schicken. Solingen – aus Deutschland – ist immerhin noch mit einigen 2400er Spielern vertreten, was international natürlich keine Angst verbreitet. Auch für Eppingen, in der Starterrangliste auf 41 von 51, trifft das zu. Eine Teilnahme der Profis kam aus Kostengründen nicht ernstlich in Frage. 51 ist übrigens Cardigan mit dem Spitzenbrett Jones Iolo C, Wertungsszahl 2190, also eine Spielstärke mit Landesliga- bis Verbandsliganiveau in Deutschland. Man hätte auf eine Teilnahme am Event ganz einfach verzichten können. Aber Bundesligateamchef Hans Dekan hat ein Team zusammengestellt, das – wohlgemerkt als Amateurmannschaft – in Rhodos mit dem Fanschal des SC Eppingen antreten wird, freilich auf eigene Kosten. Darunter der junge Hoffnungsträger Eppingens Christopher Noe an Brett 1 (2245) und last not least Ulrich Gass, der Heilbronner Rechtsanwalt, Freund und Gönner des SC Eppingen. Den Titel werden wir zwar nicht gewinnen, dabei sein ist auch nicht alles, dennoch: Schachspielen ist das Größte.

Ausblick: Europäische Schach-Mannschaftsmeisterschaft 2013

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